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38 Gedanken zum Reisen

Holzschnitt von der Temperstadt in Bangkok nach einer Skizze von Admiral Lehnert, aus dem Buch "Um die Erde" erschienen 1878.
Holzschnitt von der Temperstadt in Bangkok nach einer Skizze von Admiral Lehnert, aus dem Buch "Um die Erde" erschienen 1878.

Schon oft, wenn ich kurz nach Beginn einer Reise, z.B. zu Dörfern mit Bambushütten kam, habe ich mir Gedanken über die heutige Form des Reisens gemacht. Der überwiegende Anteil von Reisen erfolgt in einem recht engen Zeitrahmen. Am Abend geht es ab ins Flugzeug, ein paar Stunden schläft man mehr schlecht als recht und kaum hat man das Flughafengelände verlassen befindet man sich in einer anderen Welt. In einem anderen Kulturkreis dessen Sprache man zu alledem nicht versteht. Manchmal kommt dann der Wunsch auf, das Neue anzufassen um sicher zu gehen, nicht zu träumen. Zum Glück, ja zum Glück gibt es die Fotografie um all diese Eindrücke festhalten zu können.

 

Vor etlichen Jahren trat ich eine mehr als drei-wöchige Reise an, die mich über Bangkok nach Papua-Neuguinea und zurück über Singapur und Bombay, das mittlerweile Mumbai heißt, führte. Spätestens in der geschäftigen, indischen Metropole hatte ich nur noch eine Szene aus Bangkok in meiner Erinnerung. Der Rest kam, sobald die Diafilme entwickelt waren. Heute haben wir es ja einfacher, denn wir können unserem Gedächtnis über den Wiedergabemodus der Kamera jederzeit auf die Sprünge verhelfen. Wie auch immer, reisen und das Erleben der Fremde ist heute, mit wenigen Ausnahmen, ein Wettlauf gegen die Zeit.

Doch wie war das früher, z.B. im 19. Jahrhundert? Als Admiral Josef Lehnert 1874 mit der Korvette "Erzherzog Johann" zu einer Weltumseglung aufbrach, vergingen mit etlichen Zwischenbesuchen rund neun Monate ehe er Bangkok erreichte. Wo er zwei Wochen blieb. Bei mir waren es vier Tage. Man hatte einst viel Zeit, sich auf Neues vorzubereiten und einzustimmen.  Und man nahm sich auch Zeit um eine Stadt oder ein Land zu erkunden und dabei auch mit Menschen in Kontakt zu kommen. Doch, und dass muss uns klar sein, dieses Privileg war nur wenigen vorbehalten. Heute hingegen steht zumindest uns, die wir das Glück haben in einem Wohlstandsland zu leben, die Welt offen. Unsere Eindrücke können wir mit Sprachmemos und natürlich unseren Kameras festhalten. So gesehen, sollten wir recht froh sein, im 21. Jahrhundert leben zu können.